Der 15. August - Ein Tag der Göttin

Lebensfreude auf der Alm gefunden 

Bei einer Wanderung in den Südtiroler Alpen habe ich 2006 ein Stück Lebensfreunde zurückgewonnen 

Es war der 15. August, und ich erinnere mich deshalb so genau daran, weil ich auf einer Almhütte in Südtirol ungeplant in eine Kräuterweihe geraten war. Als heidnischer Protestant aus Norddeutschland sagte mir der Name „Maria Himmelfahrt“ für diesen Tag nichts. Doch die Szenerie mit dem die Kräuterbuschen segnenden Pastor und seinem Messdiener auf 2131 Meter Höhe zog mich in ihren Bann. Dazu spielte die Musikkapelle und wir hätten fast das Grollen des nahenden Gewitters überhört. Schnell verfinsterte sich der Himmel über der Oberkaser-Alm.

Pastor und Messdiener wurden in eine Transportbahn gesteckt und talwärts geschickt. 

Gäste und Kapelle retteten sich in die Hütte, wo nun ein feucht-fröhliches Treiben begann – während es draußen Sturzfluten vom Himmel regnete. Wir saßen fest und der Wirt machte fleißig Umsatz. Die Musiker der Dorfkappelle Tirol spielten beinahe ohne Pause.
An einem der Tische saß ein Mann mit Sorgenfalten im Gesicht. Das war ich, der seit fast zehn Jahren keinen Tropfen Alkohol getrunken hatte, und der einige Brüche im Leben verarbeitete. Es war wie eine Erleuchtung: Nicht, dass ich zum „Trinker“ werden würde. Nein, aber ich beschloss an dem Tag, wieder mit Freude am Leben teilzunehmen und die Eremiten-Karte zur Seite zu legen. Der Himmel riss dann wieder auf. Es war zu spät, um sicher abzusteigen. Aber nicht zu spät, um draußen das Schauspiel des aufgehenden Mondes zu beobachten. Wie Ziffern auf einer Uhr ragten rund um die Oberkaser-Hütte markante Felsspitzen empor. Da war mit klar: Die Kräuterweihe des Pastors auf der Oberkaser-Alm war nur der christliche Mantel über einer Jahrtausende alten Tradition. 


Freya - die Aphrodite des Nordens - und Vorbild für Maria

Der Marienmonat: Vom 15. August bis 15. September

Mit Maria war im germanischen Sprachraum Freya gemeint, die Aphrodite des Nordens. Sicher hatte sie in Süddeutschland einen anderen (keltischen?) Namen, der von Region zu Region unterschiedlich klingen konnte. So wurde aus der keltischen Urmutter Ana die christliche Anna, die als Großmutter Jesu verehrte wird. Maria, die Gottesmutter, war und ist ein wichtiger, ausgleichender Faktor des heiligen Weiblichen in der Männer dominierten katholischen Kirche.
Jenseits aller Religionen geht es um uraltes Heil- und Kräuter-Wissen. Die August-Sonne gibt den Pflanzen ihre heilende Kraft. Sie begünstigt die Bildung von ätherischen Ölen und anderen Wirkstoffen. In alten Zeiten sammelten vornehmlich Frauen die Heilpflanzen, die sie zur Gesunderhaltung von Haus und Hof für den nahenden Winter brauchten. Auch Zauberkräuter, die Blitz und Unglück abhalten, oder solche, die die Libido anregen, wurden mit in den August-Maien (Kräuterbuschen) getan und rituell der Göttin geweiht. Dieser Ritus wurde von der Kirche beibehalten – als Kräuterweihe zu Mariä Himmelfahrt am 15. August. An diesem Tag beginnen die sogenannten Frauendreißiger. Mit dem Ende des Marienmonats am 15. September endet die Kräutersammelzeit (bis auf Beifuß, der noch bis November geerntet wird). Der August ist der Monat der Erfüllung und des Überflusses. Eine besondere Schwingung liegt oft in der Luft. So als würden die Energien des Himmels und der Erde miteinander tanzen. 

Jetzt Kräuter sammeln

Genug der Theorie: Raus in den Garten, in die Natur: Kräuter sammeln. Tut es bitte mit Respekt und nie ohne die Pflanze um Erlaubnis zu fragen. Ihr könnt als „Tausch“ ein Haar opfern oder etwas Spucke. Bitte denkt daran, dass die Insekten in den ausgeräumten Gärten und Feldern jede Blüte brauchen. Also nehmt nicht mehr, als ihr wirklich braucht. Es gibt Überlieferungen, nachdem die Anzahl der Kräuter einer magischen Zahl wie 7 oder 9 folgt. Da mag jeder selber hineinspüren. Auch welches Kraut euch ruft, liegt an euch: Johanniskraut, Schafgarbe, Arnika, Königskerze, Kamille, Wermut, Pfefferminze und Tausendgüldenkraut sind nur einige Kräuter. Glockenblume, Kümmel, Eberwurz, Bibernelle, Weinraute, Rosmarin sind weitere Beispiele. Die Kräuter werden zu einem Busch gebunden. Du kannst sie mit nach unten hängenden Blüten zum Trocknen aufhängen oder auf deinen Altar legen.Du kannst ein Gebet sprechen, singen oder du weihst die Kräuter am nächsten Vollmondfeuer (31. August). Spiritualität ist Kreativität in Aktion!
Ist der Kräuterbusch trocken, kannst du ihn zerreiben und vermischt mit Weihrauch oder einem anderen Harz zum Räuchern nutzen. 

Gegen jede Krankheit ist ein Kraut gewachsen 

Wie Krankheiten mit Kräutern behandelt werden, dazu äußerte sich auch Hildegard von Bingen (1098-1179). Die Nonne und Klostergründerin hatte bereits einen ganzheitlichen Blick und bezog Pflanzen, Elemente, Bäume, Edelsteine, Tiere und Metalle in ihre Betrachtungen zur Heilung mit ein. In ihren Untersuchungen betrachtete Hildegard etwa 200 Pflanzen, darunter unzählige Kräuter. Einige von ihnen werden heute noch verwendet und eine pharmakologische Wirksamkeit konnte bestätigt werden. Allerdings mahnt Hildegard von Bingen auch zur Vorsicht: Speziell die Kräfte der Kräuter (u.a. ätherische Öle) könnten ins Gegenteil umschlagen und mit mehr Leid als Linderung einhergehen. In der richtigen Dosierung über eine gewisse Zeit eingenommen, können ausgewählte Kräuter bei bestimmten Krankheiten dagegen gut helfen. Die Pflanzenheilkunde nach Hildegard von Bingen ist aber nicht nur auf Kräuter als Allheilmittel ausgelegt. Sie betont, dass für die allgemeine Gesundheit neben der richtigen Arznei auch Ernährung, gottesfürchtiges Verhalten, Fasten und Ausleitungsverfahren (Aderlass) entscheidend sind. Heute würden wir sagen: Bewusste Ernährung, Spiritualität (und Meditation), Fasten und Entgiften. 

Anmerkung I:

Mit den Klöstern gelangten mediterrane Kräuter und Nutzpflanzen zu uns (nördlich der Alpen), die es vorher hier nicht gab. Andererseits verbot die Kirche den Gebrauch alter heimischer Heil- und Zauberpflanzen – und brandmarkte gleichzeitig die Kräuterkundigen Frauen als böse Hexen. 

Anmerkung II:

Die Blätter der Pflanzen sind überlebenswichtig für uns alle. Das Blatt nimmt Sonnenlicht auf und in der chemischen Reaktion der Photosynthese wird Sauerstoff abgegeben. Der Kohlendioxid aus der Luft wird absorbiert und zusammen mit dem Wasser zu Zucker umgewandelt.
Unsere Heilkräuter bilden dazu noch ätherische Öle. Sie werden häufig in den Blättern produziert und im Pflanzen-Gewebe gespeichert. Kräuter haben aber nicht nur chemische Wirkstoffe. Sie sind eigene Persönlichkeiten mit ganz individuellem Charakter. Dies kannst du aber nicht durchs Lesen erfahren – Geh raus und sprich mit den Blumen, Bäumen und finde vor allem deine Heilkräuter.

Rezept für dein eigenes Blütesnwasser

Sammle die Kräuter ganz bewusst.

Fülle die Kräuter in ein Glasgefäß und fülle sie mit Wodka auf (Es geht auch Korn).

lass es für 14 Tage (einen halben Mondzyklus) bei Zimmertemperatur ruhen.

Lege ein Papierhandtuch in ein Handsieb und seihe die Flüssigkeit mit den Kräutern hindurch in einen sauberen Glasbehälter mit Verschluss ab. Hält für Jahre.

Natürlich kannst du mit den Kräutern nach eigenem Belieben verfahren und auch ganz andere nehmen. Das Wasser eignet sich zum Reinigen und Segnen.


Rezept für dein eigenes Blütenwasser:

  • ½ Tasse getrockneter Salbei

  • ½ Tasse getrockneten Wacholder

  • ½ Tasse getrocknetes Süßgras (Mariengras)

  • ½ Tasse getrockneter Lavendel

  • 6 Tassen qualitativ guten Wodkas

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